Wie wirksam sind Volksentscheide und Bürgerbeteiligung?

von Florian Kobler

Volksentscheide und Bürgerbeteiligung sind wichtige Instrumente der direkten Demokratie, die es Bürger:innen ermöglichen, aktiv an politischen Entscheidungen teilzunehmen. Sie sind in vielen Ländern integraler Bestandteil der politischen Landschaft und bieten die Möglichkeit, zu wichtigen Fragen die Stimme der Bevölkerung zu hören.

Doch wie wirksam sind diese Instrumente tatsächlich? Aktuelle Studien zeigen, dass die Wirksamkeit von Volksentscheiden und Bürger:innenbeteiligung von verschiedenen Kriterien abhängt. Ein wichtiger Faktor ist die Art der Entscheidung, die getroffen werden soll. In Fragen, bei denen es um konkrete, klare Entscheidungen geht, wie zum Beispiel die Einführung einer neuen Steuer – oder wie der bevorstehenden Abstimmung in Berlin um den sofort wirksamen und deutlich beschleunigten Klimaschutzplan –, sind Volksentscheide und Bürger:innenbeteiligung sehr wirksam. Sie ermöglichen es, die Meinung der Bevölkerung schnell und effektiv zu erfassen.

In der Praxis hapert es jedoch häufig an der Umsetzung dieser Instrumente. In Berlin gibt es zum Beispiel das Instrument des Bürgerentscheids, das es Bürger:innen ermöglicht, über bestimmte politische Entscheidungen direkt abzustimmen. Tatsächlich ist die Durchführung von Bürgerentscheiden jedoch häufig schwierig, da die notwendigen Unterschriften oft schwer zu sammeln sind und die politischen Entscheidungsträger:innen häufig wiederholt bereit sind, sich an das Ergebnis des Bürgerentscheids zu halten.

Auch die Bürgerbeteiligung ist in Berlin oft schwierig umzusetzen. Oft fehlt es an einer klaren Struktur und an Ressourcen, um Bürgerbeteiligungsprozesse erfolgreich durchzuführen. Oder die Würdigung und Implementierung der Ergebnisse lässt zu wünschen übrig, wie beim ersten Berliner Klimabürger:innenrat im Jahr 2022 geschehen. Auch hier sind die politischen Entscheidungsträger:innen oft nicht hinreichend bereit, sich an die Ergebnisse der Bürgerbeteiligung zu halten.

Am Ende scheint Bürgerbeteiligung tendenziell umso eher Erfolge zu erzielen, je mehr sie in der Lage ist, direkt die Machtfrage zu adressieren – genau wie das mit juristisch verbindlichen Gesetzesvolksentscheiden der Fall ist, wie etwa dem, den Klimaneustart mit dem Volksentscheid Berlin 2030 Klimaneutral am 26. März anstrengt, oder auch dem anschließend angestrebten Volksentscheid Berlin autofrei.

Ein weiteres Problem ist, dass viele Bürger:innen sich nicht aktiv an der politischen Entscheidungsfindung beteiligen, entweder aus mangelndem Interesse oder aufgrund etwa von Sprach- oder Bildungsbarrieren.

Um die Akzeptanz und Umsetzung von direkter Demokratie in Berlin zu verbessern, müssten die politischen Entscheidungsträger:innen stärker dazu bereit sein, sich an das Ergebnis von Bürgerentscheiden und Bürgerbeteiligungsprozessen zu halten. Es müsste auch mehr Ressourcen in die Durchführung von Bürgerbeteiligungsprozessen gesteckt werden und es müsste mehr getan werden, um Barrieren für die Beteiligung von Bürger:innen abzubauen.

Gerade Klimaschutz ist dabei ein Thema, das uns alle betrifft und das dringend handlungsbedürftig ist. Doch warum scheitert die Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen immer wieder an politischen Entscheidungen? Ein wichtiger Faktor hierbei ist der im Verhältnis zur Problematik fehlende Nachdruck aus der Zivilbevölkerung.

In Deutschland und auch in Berlin regiert bislang eine Koalition, die nicht einmal das Offensichtliche zu tun vermag, was für den Klimaschutz sofort getan werden könnte, ohne dass es die Allgemeinheit Geld kostet: klimaschädliche Subventionen abzubauen oder ein Tempolimit einzuführen, welches von der überwiegenden Mehrheit der Deutschen befürwortet wird. Es ist absurd und unverständlich, dass sehr einfach zu realisierende Maßnahmen für den Klimaschutz, die obendrein die öffentlichen Haushalte um Milliardenbeträge entlasten würden, nicht schnellstmöglich ergriffen werden.

Doch woran liegt das? In erster Linie wohl daran, dass eine mächtige Minderheit es verhindert. Um eine ökologisch verantwortungsvolle Politik zu erreichen, die dem Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen und dem Wohl aller Menschen dient, müssen wir uns darauf besinnen, dass es eine Minderheit ist, für die klimaschädliche Klientelpolitik gemacht wird. Parteipolitik ist oft nicht in der Lage, entschlossen das zu tun, was gut für das Klima und damit gut für alle ist. Die Finanzierung von Parteien durch Spenden und öffentliche Zuschüsse macht sie anfällig für Lobbyeinfluss, Entscheidungen hängen ab von inneren und äußeren Machtinteressen.

Es ist daher immens wichtig, dass die Bevölkerung ihre Stimme erhebt und ihre politischen Vertreter:innen zur Umsetzung von Maßnahmen zum Klimaschutz auffordert, die sowohl die natürlichen Lebensgrundlagen als auch das Wohl aller Menschen schützen. Dies kann unter anderem durch die Unterstützung von Umweltorganisationen, die Teilnahme an Demonstrationen, die Nutzung von sozialen Medien, oder als letztem Mittel sogar Aktionen des zivilen Ungehorsams erreicht werden.

Für uns als aktivistische Partei der Klimagerechtigkeitsbewegung steht fest: Eine ökologisch verantwortungsvolle Politik kann schlussendlich nur durch den dauerhaften Druck der Zivilbevölkerung umgesetzt werden, die verschiedenste Akteure und alle friedlichen Aktionsformen umfasst und vereint.

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