Das EEG: Auch nach der neuesten Novelle noch nicht der große Wurf

von Katarina Heidrich

Das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) ist das zentrale politische Instrument, um den Ökostrom in Deutschland und Berlin auszubauen. Anfang der 90er-Jahre hieß es noch, der Anteil der Erneuerbaren Energien am Stromverbrauch könne aus technischen Gründen niemals über 4 Prozent liegen. 2020 lag er bei über 46 Prozent – dank des EEG (Agora Energiewende 2021). Kein anderes Gesetz, keine andere politische Maßnahme, sowohl auf Bundes- wie auf Landesebene, hat je auch nur annähernd so viel für den Klimaschutz erreicht wie das EEG. Diese beeindruckende und Mut machende Geschichte kann man so zusammenfassen: Vor 30 Jahren hat noch niemand geglaubt, dass es geht. Dann kam das EEG – und es ging.

Heute ist noch klarer als damals: Der Ausbau der Erneuerbaren Energien muss global, in Deutschland und in Berlin in einer kaum vorstellbaren Geschwindigkeit vorangebracht werden. Sonst ist das Ziel, die Erhitzung der Erdatmosphäre auf 1,5°C zu begrenzen, unerreichbar. Dafür aber brauchen wir wieder ein Gesetz, das einen solchen massiven Ökostromausbau möglich macht. Das gerade novellierte EEG kann das leider nicht. Denn mit den Novellen der letzten Jahre wurde das  Gesetz nicht gestärkt, sondern immer wieder verschlimmbessert.

Mit dem jetzigen EEG als gesetzlichen Überbau auf Bundesebene, ist es für die Berliner Landesregierung kaum möglich ambitionierter zu sein als 25% des städtischen Stromverbrauchs im Jahr 2050 durch auf Berliner Dächern erzeugten Solarstrom zu produzieren. Zumindest nicht, wenn man nicht nach zusätzlichen Wegen sucht! r:k möchte den Solar-Ausbau sehr viel ambitionierter anpacken um im Jahr 2030 klimapositiv zu sein. Das Ziel ist deshalb die volle Ausnutzung des Berliner Solarpotenzials einschließlich Fassaden und möglicher denkmalgeschützter Flächen im idealfall schon bis 2030 zu schaffen – und zwar ohne sich dabei einseitig auf PV festzulegen. Dafür braucht es ergänzende Förderungen, ambitionierte Ausbildungsprogramme für Fachhandwerker und Planungsfachkräfte und die Ermöglichung von deutlich mehr Bürgerbeteiligung am Ausbau über ein starkes Stadtwerk.

Daher brauchen wir eine anspruchsvolle und ehrgeizige, eine mutige Novelle des EEG – so schnell wie möglich. Dafür werden wir uns über den Bundesrat einsetzen. Damit das EEG wieder die einzigartige Wirkung entfaltet, wie es das in den 2000er-Jahren tat. Um im Bereich der Photovoltaik die notwendige Dynamik zu entwickeln, müssen alle Potenziale schnellstmöglich erschlossen werden. Wir brauchen einen finanziellen Anreiz, so dass sich auf jedem Gebäude eine Photovoltaikanlage betriebswirtschaftlich rechnet. Und es muss Anreize geben, die Flächen eines Gebäudes möglichst vollständig mit Photovoltaik zu bestücken. Denn wir können es uns nicht leisten, technisch nutzbare Flächen ungenutzt zu lassen.

Dafür ist es wichtig, dass neben der Eigenstromnutzung und dem Mieterstrom auch die vollständige Einspeisung ins Netz wieder so vergütet wird, dass damit eine angemessene Rendite erzielt werden kann. Denn mit der auskömmlichen Vergütung für die Stromeinspeisung ist die betriebswirtschaftlich optimale Fläche weder eingeschränkt durch den Stromverbrauch im Gebäude, noch durch den Strompreis der Gebäudenutzer (Gerhard Stryi-Hipp et al. 2019, 100, 102). Dies ist bei den bestehenden Vergütungen meist nicht der Fall. Denn das EEG ist von der Systematik so aufgebaut, dass bei der Ausbaugeschwindigkeit, die wir brauchen, die Vergütungen schneller sinken als bei einem zu langsamen Ausbau. Denn derzeit wollen weder Landesregierung noch Bundestag einen Zubau, der zur Erreichung des 1,5°-Ziels notwendig ist. 

Bundesratsinitiative zum EEG

Nötig ist also, im EEG die Vergütungen für die vollständige Einspeisung von PV-Strom spürbar zu erhöhen und das Ausbauziel für Photovoltaik von heute 2.500 MW/Jahr auf mindestens 10.000, besser 15.000 MW/ Jahr zu erhöhen.

Mit einem deutlich schnelleren Ausbau von Photovoltaik und Windenergie, die zwangsläufig wetterbedingt schwankend Strom erzeugen, müssen die Flexibilitäten im Stromsystem auch schnell und spürbar verbessert werden. Dazu können vor allem die großen Stromverbraucher durch das Lastmanagement beitragen – bei großem Stromangebot wird der Stromverbrauch gesteigert, bei geringem Angebot temporär reduziert. Um den notwendigen finanziellen Anreiz zu geben, sollte die EEG-Umlage und ggf. andere Abgaben auf Strom dynamisch ausgestaltet werden. Das bedeutet, dass die Umlagen in Zeiten großen Stromangebotes niedrig sind, so dass ein überdurchschnittlicher Stromverbrauch wirtschaftlich sinnvoll ist. In Zeiten mit geringem Stromangebot sind dann die Strompreise hoch, so dass der Stromverbrauch wirtschaftlich unattraktiv wird. Bei diesen Preissignalen lohnt es sich vielfach, gerade die stromintensive Produktion kurzfristig an die Verfügbarkeit von Strom aus Wind und Sonne anzupassen (Ecofys 2014).

Literaturverzeichnis

Agora Energiewende (2021): Die Energiewende im Corona-Jahr: Stand der Dinge 2020. Rückblick auf die wesentlichen Entwicklungen sowie Ausblick auf 2021. in:  https://static.agora-energiewende.de/fileadmin2/Projekte/2021/2020_01_Jahresauswertung_2020/200_A-EW_Jahresauswertung_2020_WEB.pdf, zuletzt geprüft am 04.02.2021.
Ecofys Germany GmbH (2014): Der Spotmarktpreis als Index für eine dynamische EEG-Umlage.  in:  http://www.agora-energiewende.de/fileadmin/downloads/publikationen/Studien/Dynamische-EEG_Umlage/Agora_RAP_Spotmarktpreis_als_Index_fuer_dyn_EEG-Umlage_web.pdf, 08.04.2015 (aktuell unter dieser Adresse leider nicht mehr verfügbar).
Gerhard Stryi-Hipp et al. (2019): Expertenempfehlung zum Masterplan Solarcity Berlin, Masterplanstudie und Maßnahmenkatalog. in: https://www.berlin.de/sen/energie/energie/energiepolitik/masterplan-solarcity/expertenempfehlung_masterplan_solarcity_berlin.pdf, 01.02.2021.
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