Klimakrise-Wasserkrise - Wie sich die Erderhitzung auf Berlin und Umland auswirkt
Während im Juli 2021 im Südwesten Deutschlands Menschen ihre Existenzen, viele sogar ihr Leben durch Starkregenereignisse verloren haben, zeigt der Dürremonitor des Helmholtz Zentrum für Umweltforschung für große Teile Brandenburgs und Berlins weiter Dürre an. Trotz des verglichen mit den vorherigen Jahren regenreichen Mai 2021 gibt es in der Region noch immer Probleme mit zu trockenen Böden und in Teilen Mangel an pflanzenverfügbarem Wasser. Die durch uns Menschen verursachte Klimakrise sorgt dafür, dass aus Regen Starkregen, aus Sommertagen Hitzewellen und aus Nieselregen Trockenheit und Wassermangel wird. Darauf wies der Klimaforscher Stefan Rahmstorf in den Tagesthemen am 15.07.2021 ausdrücklich hin. Während beispielsweise Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen den Schwerpunkt eher auf Anpassungsmaßnahmen an Hochwassersituationen legen müssen, wird der Osten Deutschlands zukünftig weiter mit Trockenheit und Wassermangel zu tun haben.
Einmal Stichworte wie „Grundwasser Berlin“, „Wasserversorgung Berlin“, „Berlin Trockenheit Wasser“ in Suchmaschinen eingegeben fällt auf, wie stark die angezeigten Artikel und Links seit 2018 zunehmen. 2018, da war doch was. Was damals als Jahrhundertsommer bezeichnet wurde, gilt heute als das „neue Normal“. Tropennächte schon vor dem kalendarischen Sommeranfang, nächtliche Hitze in den Wohnungen, die uns den Schlaf raubt und übers Jahr gesehen zu wenig Niederschlag sind auch in 2021 an der Tagesordnung. Und mit einem Mal tauchen Begriffe wie „Wasserentnahmeverbote“, „Niedrigwassersituation“ und „Wassermangel“ für das Gebiet von Berlin und Brandenburg auf. Was wir bisher nur aus Meldungen aus dem Globalen Süden kannten, ist bei uns angekommen. Die Klimakrise steht schon längst nicht mehr vor unserer Haustür. Die Klimakrise sitzt bereits auf unserem Sofa und legt ihre Füße auf unseren Tisch.
Das neue Normal: Dürrejahre
In 2018 hieß die Schlagzeile noch „Warum Wasser in Berlin so billig ist“. 2014 hatte das Land Berlin die Wasserbetriebe wieder rekommunalisiert und die Garantie gegeben, die Wasserpreise stabil zu halten. Doch schon zu der Zeit warnte die Wasserwirtschaft vor Umweltbelastungen und zunehmenden Belastungen des Grundwassers durch Dünger und Kot. Noch waren die Auswirkungen der Erderhitzung im Berliner Wasserhaushalt nicht unmittelbar spürbar.
Schon in 2019 änderten sich die Überschriften. Im Juni 2019 titelte der Tagesspiegel „Berlins Grundwasser heizt sich immer weiter auf“. Geologen warnten, dass von steigenden Temperaturen auch das Grundwasser und dort lebende Tiere betroffen wären. Da Berlin seinen Wasserbedarf hauptsächlich aus dem Grundwasser deckt, muss es besonders vor Verunreinigungen und starken Veränderungen der Mikrofauna geschützt werden. Es hieß: „Dort, wo der Mensch eingreift, ändert sich das Wärmebudget. Fernwärmeleitungen, Abwasserrohre, Häuser, U-Bahn-Schächte – all das bringt Wärme in den Untergrund. Selbst eine Asphaltstraße, die sich in der Sonne kräftig erwärmt, habe einen Effekt, der bis in 40 Meter Tiefe nachzuweisen ist.“ Doch die Sorge war immer noch eher die wachsende Stadt, weitere Dürrejahre schienen nicht denkbar.
Leider musste die Berliner Wasserwirtschaft das bereits in 2020 korrigieren. Nach dem dritten Dürresommer in Folge hieß es im September „Das Wasser wird knapp“. Es wurde klar, dass gerade der Osten Deutschlands deutlich mehr von Trockenheit betroffen ist als der Rest der Bundesrepublik. Der Wassermangel zeigte sich nun auch dramatisch in den Speicherbecken von Sachsen bis Brandenburg. Das Niederschlagsdefizit beispielsweise in der Lausitz war seit 2017 auf bis zu 400 Liter pro Quadratmeter angewachsen. Die hohen Jahrestemperaturen wirkten sich zusätzlich auf die Verdunstung aus, so dass Bäume wie Kiefern und Birken massenweise abstarben. Im Spreewald gingen ein Teil der Schleusen außer Betrieb, die Entnahme von Oberflächenwasser wurde in einigen Gemeinden unter Strafandrohung verboten, der Mindestdurchfluss der Spree in Höhe von 8 Kubikmeter pro Sekunde konnte gerade so noch gewährleistet werden. In der für die Berliner Wasserversorgung wichtigen Talsperre Spremberg befanden sich nur noch gut zehn Millionen Kubikmeter Wasser, reichlich ein Viertel ihres Fassungsvermögens und gerade die Hälfte der Menge, die sie laut Bewirtschaftungsrichtlinie um diese Jahreszeit enthalten sollte.
Wir müssen reden: Schwammstadt, Wassersparen und ein neues Bewusstsein
Durch Überleitungen aus der Neiße und Einleitung von Tagebauwasser, dessen Anteil an der Lausitzer Spree im August 2020 bei 60 Prozent lag, konnten Defizite ausgeglichen werden. Doch verursacht das Probleme mit der Wasserqualität. Rostfarbener Eisenocker trübt das Wasser und verschlammt den Grund, gelöstes Sulfat greift Bauwerke an.
Längst gehörten regelmäßige Treffen von Fachleuten aus Berliner, Brandenburger und sächsischen Behörden zur Tagesordnung, um die Wassersituation für das gesamte Gebiet abzustimmen.
2021 bedeutet nun für die Region das vierte Dürrejahr in Folge. Vereinzelte Starkregen Ereignisse und Regentage können das jährliche Wasserdefizit nicht mehr ausgleichen. Die Berliner Senatsverwaltung für Umwelt kündigte im April einen „Masterplan Wasser“ als elementarsten Bestandteil der Daseinsvorsorge an.
Zunehmende Trockenheit lässt nicht nur die Vorräte der Wasserspeicher in Brandenburg und Sachsen sinken, vier von acht Berliner Wasserwerken sind laut Umweltverwaltung schon jetzt „im Minus“, fördern also mehr Wasser, als sich in ihrem Einzugsbereich als Grundwasser neu bildet. Wir müssen in Zukunft also über Wasser sparen reden. Gleichzeitig muss die Stadt so umgebaut werden, dass die abnehmenden Regenfälle versickern können und nicht auf überhitzten versiegelten Flächen verdunsten. Moore und Wälder müssen erhalten und ggf. wieder aufgebaut werden. Das Prinzip der Schwammstadt sollte so weit möglich in immer mehr Quartieren verwirklicht werden.
Ein schwer zu lösendes Problem werden in Zukunft aber auch in Berlin Starkregen Ereignisse sein. Große Wassermassen gehen in kurzer Zeit auf ausgetrocknete oder versiegelte Flächen nieder und können kaum versickern. Das sorgt für Überschwemmungssituationen, überlastet die Kanalisation und verschmutztes Regenwasser fließt so ungeklärt in die Gewässer Berlins und Brandenburgs. Die Zersetzung der darin enthaltenen Mikroorganismen sorgt für erheblichen Sauerstoffmangel und löst immer wieder Fischsterben aus.
Würde die Kanalisation so ausgebaut werden, dass sie solche Extremereignisse auffangen könnte, wären dafür erhebliche Baumaßnahmen und Investitionen notwendig. Gleichzeitig wäre der Durchfluss im Normalbetrieb zu gering, um die notwendige Reinigungswirkung der Kanalisation zu ermöglichen. An warmen Tagen würden die Verunreinigungen zu fauligen Gerüchen auf den Straßen Berlins führen. Abhilfe kann auch hier nur über eine Entsiegelung von Flächen, Anlage von Versickerungs- und Grünflächen ergänzt um anzulegende unterirdische Auffangbecken geschaffen werden.
Inmitten des vierten Dürrejahres in Folge im Osten Deutschlands müssen wir ehrlich beim Namen nennen, auf was wir zusteuern. Aufgrund der Klimakrise im häufiger werdende Extremwetterereignisse bedrohen unsere Lebensgrundlagen. Wir müssen in Berlin und Brandenburg unser politisches Handeln danach ausrichten, trotz abnehmender Grundwasserspiegel und Trockenheit wegen hoher Temperaturen die Trinkwasserversorgung für uns und die nachfolgenden Generationen zu sichern. Die notwendigen Maßnahmen finden sich im Klimaplan der Klimaliste Berlin wieder und sind wichtige Bausteine, um Berlin klimagerecht zu gestalten.