Der Weg zur Ernährungs­souveränität durch klimagerechte Ernährung

von Ronja Heinemann und der UG Ernährung

Um in Berlin einen gesellschaftlichen Wandel anzustoßen, der zu einer radikalen Transformation führt und als Folge dessen Klimaneutralität und -gerechtigkeit mit sich bringt, muss der Themenkomplex der Ernährung und Landwirtschaft genauer unter die Lupe genommen werden. Je nach Quelle machen die Emissionen der Landwirtschaft bis zu 51% der Gesamtbelastung an Treibhausgasen in der Atmosphäre aus. Da sich die Folgen dieser zerstörerischen Industrie aber nicht in Berlin, sondern weit weg (überwiegend im Globalen Süden), bemerkbar machen, wird die Dringlichkeit des Handlungsbedarfs in diesem Sektor oft außer Acht gelassen.

Die Handlungsmöglichkeiten im Bereich der Ernährung und Landwirtschaft sind vielfältig. Neben persönlichen Kaufentscheidungen, die Unternehmen zum Umdenken anregen können (wie die stetig wachsende Auswahlmöglichkeit an pflanzlichen Milchalternativen zeigt), müssen insbesondere strukturelle Veränderungen durchgeführt werden, um die Landwirtschaft von einer der größten Treiber:innen der Klimakatastrophe zu einer Verbündeten im Kampf gegen sie zu machen. Das Potential der Landwirtschaft, Klimagase einzusparen, ist enorm! Durch Methoden wie Permakultur, Agroforstwirtschaft und biozyklisch veganen Anbau können Treibhausgasemissionen nicht nur vermieden, sondern bereits emittierte Treibhausgase auch aus der Atmosphäre entfernt werden. 

Auch wenn der Themenkomplex Ernährung und Landwirtschaft immer in Kooperation mit dem Land Brandenburg gedacht werden sollte, kann auch innerhalb der Stadtgrenzen vermehrt Lebensmittelproduktion betrieben werden. Durch die Umwidmung von Flächen und die Konzentration auf saisonalen und regenerativen Anbau pflanzlicher Lebensmittel geht Berlin einen großen Schritt in Richtung Ernährungssouveränität. Neben den ökologischen Aspekten wie Förderung der Biodiversität, Rückgewinnung von Böden oder Abkühlung des Stadtklimas hat diese Maßnahme auch klare soziale Vorteile und wirkt sich somit positiv auf das Zusammenleben in der Stadt aus: es gibt eine größere Verfügbarkeit gesunder Lebensmittel, die Kieze werden gestärkt, Menschen verschiedenster Hintergründe (Produzent:innen und Konsument:innen) werden miteinander verknüpft und Lebensmittel gewinnen wieder an Wertschätzung.

Ein weiteres großes Problem im Bereich der Lebensmittelproduktion ist die Verschwendung. 30% der Lebensmittel werden bereits entsorgt bevor sie im Lebensmitteleinzelhandel angekommen sind. Um dies zu vermeiden sollten Betriebe aus Brandenburg vermehrt direkt mit Restaurants, Schulen, öffentlichen Einrichtungen und der gesamten Bevölkerung Berlins zusammenarbeiten. Somit würde sichergestellt, dass nur die Lebensmittel produziert werden, die auch tatsächlich benötigt werden. Außerdem könnten Richtlinien, die vorschreiben, dass Obst und Gemüse in Supermärkten bestimmten optischen Anforderungen entsprechen muss, umgangen werden. Auch das Problem der Einwegverpackungen kann durch direkte Belieferung vom Landwirt bekämpft werden. Der Großteil des Verpackungsmülls entsteht entlang der Lieferkette und wird von den Endkonsument:innen gar nicht wahrgenommen. Insbesondere Plastikverpackungen stellen hier ein großes Problem dar, da sie neben ihrer Belastung für Umwelt und Ökosysteme auch Phthalate enthalten, die sich schädlich auf die menschliche Gesundheit auswirken. Wir von radikal:klima fordern daher ein komplettes Verbot für Verpackungen aus Plastik.

Foto: verpackungsloser Supermarkt
Direkte Lieferungen vom regionalen Erzeuger können Verpackungsmüll drastisch reduzieren

Um die wichtigen Zusammenhänge im Bereich der Ernährung und Landwirtschaft und insbesondere auch die damit verbundenen Folgen für die eigene Gesundheit und das globale Klima im Bewusstsein der Bevölkerung zu verankern, sollten bereits Kinder und Jugendliche regelmäßig mit den Themen in Kontakt kommen. Wir setzen uns daher für ein weiteres Schulfach ein, das sich mit diesen Zusammenhängen beschäftigt. Außerdem fordern wir Projektwochen für Schulen und Kitas, bei denen Kinder und Jugendliche dazu ermutigt werden selbst Lebensmittel anzubauen und zuzubereiten. Weiterhin fordern wir, dass nicht länger Falschinformationen über Lebensmittel in Umlauf gebracht werden dürfen und machen uns für den Austausch der aktuell im Bewusstsein der Bevölkerung verankerten Ernährungspyramide, welche auf Profitmaximierung und nicht auf wissenschaftlichen Erkenntnissen beruht, stark. Jeder Mensch sollte wissen, wie konsumierte Lebensmittel sich auf die eigene Gesundheit und das Klima auswirken, um überhaupt die Möglichkeit zu haben,fundierte Entscheidungen zu treffen.

Das Konzept der Ernährungssouveränität führt uns zu einer Vision, wie ein Berlin der Zukunft aussehen könnte. Statt vieler großer Straßen gibt es überall Grünflächen, auf denen sich Obstbäume und- sträucher sowie  Gemüsebeete befinden, deren Produkte allen frei zugänglich sind. Um einen Ausflug ins Grüne zu machen, müssen Berliner:innen in diesem Berlin der Zukunft nur vor die eigene Haustür gehen. 

Berlin könnte eine Stadt werden, in der sich Nachbarn gemeinsam um das Anpflanzen von Nahrungsmitteln kümmern, in der jede:r sich nehmen kann, was gebraucht wird, eine Stadt, in der ein besseres friedliches Miteinander gerade durch den Anbau und die Pflege von gesunden und regionalen Lebensmitteln möglich wird. 

Berlin könnte eine Vorreiterrolle spielen, in dem sie auf pflanzenbasierte Ernährung in allen öffentlichen Einrichtungen baut, in der weder in Schulen,Unis, Krankenhäusern noch in Senatskantinen Produkte aus der Massentierhaltung angeboten werden, sondern gesunde regionale Lebensmittel. 

Eine Stadt, in der nicht nur Menschen, sondern auch Tiere ein besseres Leben haben werden, das ist unser Ziel!

 

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