Warum Klimaschutz und Antifaschismus Hand in Hand gehen sollten

von Justin Martiny

„Der Klimawandel spielt keiner Partei so sehr in die Karten wie der AfD, weil sie zu sozialen Verwerfungen führt!“ - Richard D. Precht 

Wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass eines der Opfer der Klimakrise auch die Freiheit des Individuums sein wird, wenn wir nicht jetzt dagegen ankämpfen. Denn nichts bedroht unsere bisherige, freiheitlich rechtsstaatliche Art zu leben so sehr wie (ultra-)rechte Politik.

Die Bevölkerung mit allen Mitteln zu verunsichern, ist eine bekannte Taktik rechter Gruppierungen. So sagte doch Christian Lüth, Pressesprecher der AfD: „Je schlechter es Deutschland geht, desto besser für die AfD“. Auch in der (Post-)Trump-USA, der Erdogan-Türkei und im Bolsonaro-Brasilien hat das Schüren von Angst Tradition, um die Massen zu mobilisieren.

Doch die Angst vor der Klimakatastrophe lässt sich nicht so leicht instrumentalisieren, weil es keinen „einfachen Feind“ gibt, dem sich die Schuld zuschreiben ließe. Die Analyse müsste hierbei natürlich am Wirtschaftssystem und an Gesellschaftsmodellen ansetzen. Stattdessen werden gewohnte Feindbilder wiederbelebt, etwa die, dass angeblich zu viele Menschen über die Staatsgrenzen in das Land gelangen. Da werden dann gesinnungsgemäß wieder Mauern gebaut - in den Köpfen und an den Grenzen. Doch hat eine so genannte Sicherung der Grenzen jemals Erfolge gezeigt?

Schauen wir uns die US-amerikanische Südgrenze an, die Mauern in Irland oder den Gazastreifen. Jede dieser Grenzen hat die Konflikte, die auf beiden Seiten geführt werden, massiv eskalieren lassen. Eine Politik der Abschottung ist ein Sargnagel für die Zivilisation in Europa und ein historisches Verbrechen an den Menschen außerhalb dieser Grenzen.

Wir sehen überall in Europa, wie rechte Parteien einen Aufschwung erleben. Das effektivste und letztlich einzige Gegenmittel ist natürlich ein Kulturwandel, der die Menschen von den Gespenstern des Nationalismus, der Alle-gegen-Alle-Ideologie und des Wachstumszwangs befreit.

Die Nationalstaaten, deren Grenzen wir auf den Landkarten sehen können, sind Konstrukte. Das heißt, sie sind weder natürlich entstandene noch historisch notwendige Begebenheiten, sondern die Ergebnisse jahrhundertelanger, politischer Bestrebungen. Der sogenannte Chauvinismus, also eine Überhöhung der Mitglieder der eigenen Nation über die Mitglieder einer anderen, ist ein Aberglaube, der eine größere Verschwendung von Ressourcen, Arbeitskraft und letztlich Menschenleben mit sich bringt, als jede andere Ideologie. Die Konflikte, die von diesen erdachten Gemeinschaften ausgeführt werden, nehmen allzu oft die Form des Krieges an - und Krieg ist die absolute Gegenthese zum Klimaschutz.

Die Klimaliste Berlin steht daher natürlich für Abrüstung, gegen bewaffnete Konflikte und für egalitäre Bildung, die dem Nationalismus den Nährboden raubt.

Antifaschistische Aktion Klimaliste Berlin

Es ist außerdem keine gute Idee, die ökologische Transformation ad hoc und ohne Rücksicht auf Beschäftigte zu vollziehen. Würden z.B. die Stahlproduktion, die VW-Werke in Wolfsburg und die Kohleförderung von heute auf morgen von den klimabewegten Parteien dicht gemacht werden, hätten die rechten Kräfte garantiert immensen Zulauf aus diesen Industrien - ganz zu schweigen von den sozialen und gesellschaftlichen Auswirkungen auf die Region.

Sozial-ökologische Transformation heißt nämlich auch, dass diese eindeutig notwendigen Emissionsreduktionen nur mit den Betroffenen umgesetzt werden können und nicht über ihre Köpfe hinweg.

Wir wollen das Konzept der Arbeit grundlegend verändern. Die Arbeitszeit wird drastisch reduziert, die Produktion demokratisiert und der gesamte gesellschaftliche Blick auf Arbeit verändert. Das heißt, dass Menschen nicht vorrangig für Geld und Bereicherung, sondern für die Genugtuung arbeiten, dass durch ihre Arbeit menschliche Bedürfnisse befriedigt werden. Jobs müssen auch anständiger werden. Das heißt, sie sollten sozial sinnvoll und ökologisch tragbar sein und gleichzeitig sowohl die Gesundheit und Sicherheit der Arbeitenden als auch ihre Würde nicht gefährden. Dazu zählt selbstverständlich auch garantierte, gerechte Entlohnung.

Wenn wir aufhören, in einer Wirtschaft zu leben, die ständig wachsen muss, können die Menschen es sich leisten, viel entspannter mit ihren Arbeitsverhältnissen umzugehen. Ein Leben außerhalb des „preußischen“ Arbeitsethos ist möglich und erstrebenswert.

Die Klimaliste Berlin steht für ein Ende des Wachstumsdilemmas, Wohlstand ohne Überfluss und eine Befreiung von finanziellen Existenzängsten durch Maßnahmen wie Grundeinkommen, Mietobergrenzen und universelle Services wie kostenlosen Nahverkehr für alle.

Neben der Klimakatastrophe, die zweifellos die größte Herausforderung ist, der die Menschheit je gegenüberstand, ist unser Zusammenleben auch stetig durch den Faschismus bedroht. Da diese beiden Gefahren große Überschneidungen haben und ursächlich zusammenhängen, muss die Klimagerechtigkeitsbewegung auch stets gegen den Rechtsruck arbeiten und sich klar von rechts abgrenzen.

Die Klimaliste Berlin ist eine antifaschistische Partei und solidarisiert sich mit den Bewegungen und Menschen, die gegen Rassismus, Diskriminierung, rechte Gewalt und unterdrückende Strukturen kämpfen - in Berlin, in Deutschland und international.

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